Kerstin Hochmüller
Geschäftsführerin Marantec Company Group
Wir sind beeindruckt davon, wie Kerstin Hochmüller es geschafft hat, die Marantec Group vom gründerorientierten Unternehmen zur agilen Netzwerkorganisation zu transformieren. Der Spezialist für Antriebssysteme und Automatisierung von privaten und gewerblich genutzten Toren wurde 1957 gegründet und seit 2013 ist Kerstin Hochmüller nun Teil der Unternehmensgruppe. In dieser Zeit hat sie das Unternehmen mit 540 Mitarbeiter:innen hin zu mehr Mitarbeiterselbstverantwortung, mehr Teamgeist, mehr Diskussion und digitalem und kooperativen Denken gewandelt. Damit beweist Sie, wie relevant Pioniertum, Sinnhaftigkeit und Agilität im Unternehmenskontext sind und wie man ein Familienunternehmen mit Open Championship und Kooperation mit StartUps zukunftsfähig gestalten kann. Somit möchten wir Kerstin Hochmüller mit der Marantec Group als Weiterdenkerin des Monats vorstellen.
Welche drei Hauptlearnings haben Sie aus diesem (Transformations-)Prozess gezogen?
Die Transformation scheitert oder geht viel zu langsam voran, wenn Du versuchst, die bestehende Kultur zu transformieren. Besser ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Menschen zukunftsorientiert arbeiten können. Dafür braucht es als Basis eine klare Vision. Symbole sind so viel wichtiger als Geschriebenes. Transformation heißt an vielen Stellen mit Gewohntem zu brechen. Das Neue wird am besten über Symbole transportiert. Legt viel Augenmerk darauf, was für die Menschen, die Du mitnehmen möchtest, wertvolle Symbole sind und setze sie ein. Transformation ist wie ein Neustart. Dafür braucht es Pioniergeist. Diesen verkörpert der: die Unternehmer:in am besten und glaubwürdigsten. Transformation funktioniert nicht ohne den:die Unternehmer:in.
Was zeichnet Open Championship aus und warum sollten Familienunternehmen darauf setzen?
Auf den Punkt gebracht: Offenheit. Diese fängt damit an, das eigene Unternehmen sowie das eigene Tun permanent in Frage zu stellen. Und bei der Bewertung sehr weit über den Tellerrand hinaus zu schauen. Wettbewerber liefern nicht die Antworten. Alle reden von einer Zeitenwende, die durch die Digitalisierung ausgelöst wurde, dem stimme ich absolut zu. Um zu verstehen, wie wir darin Chancen entdecken und nutzen können, statt Risiken zu minimieren, müssen wir in diese Welt eintauchen. Und das können wir am besten indem wir uns mit denen vernetzen, die bereits in dieser Welt leben. Zudem: der größte Schatz für unser aller Zukunft liegt im Miteinander. Kein anderes Land verfügt über so viele Familienunternehmen mit dem tollsten Wert überhaupt: der Familie. Wir müssen zu einer Großfamilie werden!
Worauf kommt es bei der Kooperation von Familienunternehmen und StartUps an?
Grundlage für mich ist: Respekt. Als „Ältere:r“ müssen wir Respekt vor der Leistung von jungen Unternehmen haben und vor allem die Gründer:innen als Unternehmer:innen wahrnehmen. Startups müssen demgegenüber Respekt vor dem Erreichten und auch in gewisser Weise für die geschaffenen Strukturen von Familienunternehmen haben. Indem wir uns mit Respekt begegnen, kann Neues geschaffen werden, da man den:die andere:n Ernst nimmt. In Bezug auf das Miteinander müssen beide absolut auf Augenhöhe arbeiten und als Familienunternehmen sollte man sich ein Stück weit mehr auf die Arbeitsweisen und Umgangsformen von StartUps einlassen. Denn so helfen sie uns, neben den eigentlichen Projekten, die gewünschte neue Kultur mit zu implementieren. Das ist quasi ein Add-on.
Was empfehlen Sie Familienunternehmen, die agiler werden möchten?
Anfangen sollten man mit der Frage: Warum eigentlich? Warum wollen wir uns ändern und wie sind wir, wenn wir dies erreicht haben? „Agil“ hat viele Gesichter und es fällt mir leichter, zu entscheiden, was agil für uns bedeutet, wenn ich weiß, wo wir hin möchten. Wenn wir von technisch geprägten Familienunternehmen sprechen, kann ich mittlerweile etwas mitreden Da ergibt es absolut Sinn, die eigenen Märkte und Kunden stärker zu selektieren und ihre Problemstellungen in den Fokus zu stellen. Eine Entwicklung „einfach“ mal in einem frühen Stadium von Kunden prüfen zu lassen, erscheint Entwicklern zwar unmöglich, ist es aber nicht. Roman Herzog hat in seiner Berliner Rede von 1997 u.a. folgendes gesagt: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Mein Rat: einfach loslegen. Nur, wenn alles so bleibt, verlieren wir.